Petra, der Film-Star im Stadtradio, kommt auf den Balkon. Eine Praktikantin neben mir fragt, „Wie war der Aircheck beim Chef?“
Petra beschwichtigt.
„Nimm ’s nicht so schwer! Der spielt gerne den Oberlehrer.“
Petra braust auf, „Unsinn! Das ist alles in Ordnung. Ich bin ’s vom Theater her gewöhnt, da wirste dauernd angeschissen. Ich finde es richtig, dass der so was macht. Kritik ist wichtig.“
Die Praktikantin: „Bei meiner Bewerbung hat der mich gefragt, wie die drei baltischen Staaten heißen und was ihre Hauptstädte sind.“
Petra starrt vor sich hin. Ich bespreche mit der Praktikantin einen Beitrag für morgen. Ich zeige ihr das Aufnahmegerät, erkläre die Einstellungen, wie man mit einem externen Mikrofon arbeitet.
Petra jault unvermittelt auf: „,Geschmatzt‘ , hat der gesagt, ich hätte in meiner Moderation ,geschmatzt‘. Stell dir doch mal vor, ich hätte angefangen zu schmatzen.“
Sie schmatzt breit und versucht einen Lachanfall zu unterdrücken.
„Ich soll bei der Moderation den Mund offen stehen lassen, hat der gemeint. Was der als Schmatzen bezeichnet hat, das hast du auf dem Bildschirm in diesem Schaubild mit den akustischen Ausschlägen als so einen Zacken gesehen, aber zu hören war da nur ein leises Zischen.“
„Petra, lass den doch!“
„Ach das ist schon in Ordnung. Der war ganz freundlich. Wie gesagt, ich bin das doch gewöhnt vom Theater. Und warum nicht in Zukunft beim Moderieren den Mund offen stehen lassen?“ Sie reißt den Mund auf, stülpt die Lippen und bewegt den Kiefer wie ein Karpfen. Petra bleibt noch eine Weile sitzen. Keiner sagt mehr etwas. Petra steht auf und geht.
Sie ist nie wieder ins Studio gekommen.
Unter den Praktikanten waren viele, die noch unsicher in ihrer Berufswahl waren. Ottmar Schmieling hat sie ausführlich beraten. Er hat sich Mühe gegeben. Er hat immer wieder auf seine eigenen Erfahrungen im Studium verwiesen, zu dem nicht nur Betriebswirtschaft, sondern auch Soziologie, Politik und Geschichte gehört haben muss, bevor er seine Laufbahn bei dem Privatsender begonnen hat.