Eine Gruppe Köche treffen sich zu einem Stammtisch. Ich bin dazu gebeten worden. In Kürbiskern-Öl pochierter Heilbutt und Jakobsmuscheln auf warmem Couscous-Salat mit Bouillabaisse-Fond eröffnet die Runde, danach ein 24 Stunden geschmortes Schulterstück vom Bio-Rind mit Kartoffel-Pfifferling-Strudel und gebackenen Zucchini-Blüten als Hauptgang.
Zum Abschluss eine Pflaumen-Tarte mit Lavendeleis und Sauerrahm.
Zwei Köche einer Großküche, ein italienischer Koch, der Betreiber eines Bistros, der Hausherr des Restaurants und ich sind von zwei Managern einer Gemüse- und Obsthhandelskette eingeladen worden. Alle außer mir sind nach irgendeinem Verteilerschlüssel Gast und Gastgeber zugleich. Schon aus ihrem gewohnten Rhythmus heraus treffen sie sich spät. Ein paar Gäste des Restaurants, sie scheinen die letzten zu sein, verabschieden sich. Der Hauptgang wird serviert.
„Wann ist eigentlich die Hauptsaison für Thai- Mangos?“
„April, Mai ist für ‚Nam Dok Mai’, das ist eine Art Kult-Sorte, Hochsaison. Du bekommst aber noch bis Oktober frisch geerntete.“
Der Bistro-Betreiber nach einem Bissen Bio-Rind: „Dafür nimmst du dir 24 Stunden Zeit?“
„Ja bei exakt 54°C“ Der Wirt reißt die Fenster auf, holt Aschenbecher. Der geeignete Zeitpunkt, wie der Bistrobetreiber zu meinen scheint, um einen fertigen Joint aus der Jacke zu ziehen.
„Für den Aufwand könnte mein Stück hier saftiger sein.“
„Das ist doch einwandfrei, ganz phantastisch.“
„Danke, danke.“ Der Wirt bietet einen Grappa an. „Der Grappa kommt aus Österreich.“
„Und warum haste dort keinen österreichischen Schnaps gekauft. Streng genommen, müsste der doch ‚Trester’ heißen.“
„Ich bin mit dem, der die Grappa-Destille führt, befreundet, deshalb macht der ne Ausnahme. Eigentlich beliefert der nur das Casino in Monte Carlo. Dort wird jedenfalls das, was ihr gerade trinkt, Grappa genannt. Es ist, wenn ’s dich beruhigt, exakt dasselbe wie Trester. Übrigens heißt der in Österreich ‚Trebener’.“
„Lorenzo der Prächtige aus dem Hause Medici beschäftigte die Spitzenköche seiner Zeit. Außerdem ließ er sich nur die besten Zutaten liefern. Bei Tisch allerdings legte er vor allem Wert auf ein Gespräch. Gefiel ihm das Thema nicht, so stand er auf und ließ sich alles Weitere auf seinem Zimmer servieren.“ Superlative locker in die Konversation geworfen. Ich habe die Aufmerksamkeit auf meine Seite gezogen. Soweit ‚Lorenzo il Magnifico‘. Was dagegen macht für die Anwesenden ein perfektes Essen aus? Ich zücke das Mikrophon.
„Also wenn ich Geschirr reinkriege, wo alles aufgegessen ist, wo einer sogar noch den Teller abgeleckt hat, dann weiß ich, das war ein perfektes Essen.“ Der Koch des kleinen Restaurants erzählt, wie er mit seinem kleinen Neffen zu Besuch am Wochenende ähnliches erlebt hätte.
Der italienische Koch: „Lorenzo de’ Medici, il Magnifico, war ein großä Mann in Firenze von de Quattrocento. Aba wann willste du ein perfekte Essä, brauchste du ein schänä Frau und ein gutä Flaschä Wein.“ Alle lachen.
Der Italiener kommt in Fahrt. Er erzählt: Ein Arsch fliegt aufgeregt durch die Lüfte. Gleich mehrere Schwänze sind hinter ihm her. Er taucht in eine Wolke ein und bittet sie: „Bitte, tu doch was!“ Er gibt mir ein Zeichen, das Mikrofon zurück zu nehmen. Die Wolke verwandelt den Arsch in einen Spatz. Erleichtert fliegt er weiter. Aber die Schwänze lassen nicht locker. „Du bist gar kein Spatz. Du bist ein Arsch.“
Der Spatz empört: „Seht ihr nicht, dass ich ein Spatz bin!“
Die Schwänze: „Na dann zwitschere doch einmal!“
Der Italiener presst die Lippen aufeinander und furzt. Alle lachen.
Und dann wieder Gerichtsvollzieher, Haftandrohung, Termin beim Finanzamt, Vermögensverzeichnis, eidesstattliche Versicherung.