Robert Wilson widmete sich der ‚Zeit‘. Er kolportierte verschiedene Gesprächspartner. Ein kleiner Junge nach einigem Zögern auf die Frage, wie er sein Stück gefunden habe, „You are so slow.“
Ein japanischer Kostümbildner hatte ebenfalls herum gedruckst, bis er sich einen Stoß gab und sagte, „You are so slow.“
Seine Schwester hätte sein Stück gesehen, hätte es sofort gemocht und hätte es auch, wenn sie es nicht gewusst hätte, als Stück von ihm, ihrem Bruder, erkannt. Warum es ihr gefallen hätte? Die Farben, die Bühnenräume, die Beleuchtung, all das war wirklich einmal wieder ganz grandios. Und woran sie denn gemerkt hätte, dass es ein Stück von ihm wäre? „You are so slow.“
Robert Wilson kannte die Wirkung seines Auftritts. Er schilderte das Experiment eines befreundeten Psychologen. Der hatte mit insgesamt zweihundertundfünfzig Müttern jeweils die Sequenz, wie sie ihr schreiendes Baby zu sich auf den Arm nahmen, in Großformat gefilmt. Dabei war jede Sekunde in vierundzwanzig Einzelbilder zerlegt worden. Eines der Bilder legte er den Müttern als großformatige Photographie vor. Er wählte immer das aus, wo sie aussahen, als würden sie ihr Kind ablehnen, sich vor ihm ekeln, als hätten sie Aggressionen. „But I love my baby!“
Der Körper hätte eine eigene Sprache, die wir so gar nicht wahrnähmen. Mit dieser Körpersprache als einem Element seines Theaters würde er arbeiten, dozierte Robert Wilson.
Tom wollte vermeiden, die Übersetzerin zu bemühen. Sein Englisch war schon eine Weile auf Lager eingestaubt. Eine ganze Armada von Journalisten würde ihm in dem voll besetzten Auditorium zuhören. Er begab sich in eine Bewährungssituation. Robert Wilson wäre nicht nur Theater-Regisseur sondern zugleich auch Architekt und Stadtplaner, sprach er ihn an. Ob er mit seiner Inszenierung nur ein Bühnenstück aus Franz Liszts ‚Via Crucis’ realisierte, oder nicht viel mehr, indem er alle Beteiligten auf dieses Ereignis durch Räume und soziale Vernetzungen der Stadt hinführte, die Stadt insgesamt als Bühne in einem übergeordneten Stück bespielen würde. Robert Wilson bedankte sich für die Frage, bestätigte die Analogien von urbaner und Theater-Bühne und machte Komplimente an die Stadt. Er ließ eigene biografische Erfahrungen einfließen. In seinem Architekturstudium hätte seine Professorin für Städtebau alle Studenten aufgefordert, die Skizze eines Stadtmodells anzufertigen. Drei Minuten Zeit hätte sie ihnen dazu gegeben. Er hätte einen Apfel gezeichnet mit einem Kristall-Würfel in der Mitte, einem Zentrum, in dem sich die Künstler der Stadt träfen, um die Stadt, in dem Falle den Apfel, zu gestalten. Was er vor allem dabei gelernt und bis heute beibehalten hätte, wäre die Fähigkeit, eine komplexe Angelegenheit, wie damals die Stadt und heute zum Beispiel ein Drama von Shakespeare oder eine Oper von Richard Wagner innerhalb von maximal drei Minuten zu erfassen. Wenn man etwas gestalten wollte, müsste man ein komplexes Phänomen so weit reduzieren. Erst von da aus könnte man sich Freiheiten nehmen und in seinen Darstellungen wieder weiter ausschweifen.