In Weimar haben Philosophen, Theologen, Komponisten, bildende Künstler, zum Teil mit beachtlicher Resonanz weit über die Stadt hinaus gelebt. Die ästhetische Schule des ‚bauhauses‘ hat sich aus russischen, deutschen und anderen europäischen Einflüssen formiert und ist von hier aus als Welle, die unterwegs von allen möglichen Strömungen genährt wurde, rund um den Globus geschwappt.
Wie anderen zuvor ist auch ihnen Skepsis, wenn nicht Ablehnung entgegen geschlagen. Druck ist ausgeübt worden. Oft ist den Künstlern in Weimar keine Wahl, als die Stadt anderen zu überlassen, geblieben.
Adolf Hitler hatte weniger Mühe. Bereits in der Aufbauphase der NSDAP ist ihm und seinem Anhang der Teppich ausgerollt worden. Die Stadt hat als eine der ersten den Nationalsozialisten die Mehrheit ihrer Stimmen überlassen und hat dem ‚Führer‘ zeit seines Wirkens gehuldigt. Ein Erbe aus der Zeit, das ehemalige KZ ‚Buchenwald‘ in der Peripherie, erzeugt bis heute in der Wahrnehmung der Stadt ein Hintergrundrauschen, einen Tinnitus.
Der erste Chefredakteur des Stadtradios, Fritz von Klinggräff, hat sich, um sich als Pressesprecher des Oberbürgermeisters zu verdingen, aus dem ständigen Stadtradiobetrieb ausgeklinkt. Parallel zu seiner Tätigkeit hat er zusammen mit den zwei Historikern, Ronald Hirte und Hannah Röttele, Gespräche mit ehemaligen KZ-Häftlingen, die heute in Frankreich leben, geführt und editiert. In dem Lager wäre der Zusammenhalt untereinander überlebenswichtig gewesen. Die Beziehungen aus dieser Zeit hätten sich zunehmend auf andere, aus ganz anderen Kreisen ausgeweitet. Aus diesen Verhältnissen heraus, wagten die Gesprächspartner die These, wäre die Keimzelle zu jener europäischen Identität, wie wir sie heute mit Leben auszufüllen versuchen, entstanden.
Zum seinem Erscheinen besprach Tom das Buch ‚Von Buchenwald nach Europa‘ in einem Radiobeitrag mit der Editorin und Historikerin Hannah Röttele.
Ein späterer Chefredakteur, Fritz Burschel, der unmittelbare Vorgänger Tennessees, hatte sich in einer Gruppe namens BgR, den ‚Bürgern gegen Rechtsradikalismus’ engagiert. Er hatte sich mit Zähigkeit und Ausdauer in die bestehenden Neonazi-Strukturen eingearbeitet um im laufenden Radiobetrieb Analysen, Bestandsaufnahmen und Prognosen einbringen zu können.
Tennessee gehörte zu den Hausbesetzern. Sie verstanden sich als unmittelbare Gegner der Neonazis. Die Hausbesetzer waren von der damaligen Bundesjugendministerin Angela Merkel ebenso wie die Neonazis großzügig finanziell unterstützt worden. Man behandelte sie wie zwei um ein Straßenrevier rivalisierende Jugendbanden. Beide Gruppen bekamen jeweils die Summe von 75 000 DM. Die Neonazis richteten sich in einer Neubausiedlung ein Clubhaus ein und ließen eine Reichskriegsflagge raus hängen. Die Hausbesetzer investierten zunächst in eine Heizungsanlage ihres Objekts. Die Zuwendungen wurden jährlich fortgesetzt und ergänzt. ‚AgG‘, ‚Aktion gegen Gewalt‘ wurde die Maßnahme genannt. Hausbesetzer und Neonazis kannten ihre Rollen im Straßentheater, spielten sie und hielten ansonsten still. Zwischen Hausbesetzern und Polizei entstand eine unausgesprochene Aktionseinheit gegen Neonazis. Was immer auch die Neonazis in Sachen ‚besetztes Haus’ unternehmen sollten, man werde sich gegenseitig informieren und nach Kräften unterstützen. Die Partnerschaft musste nur bei kleineren Scharmützeln in die Tat umgesetzt werden.